Design-Blog
Setzers Wissen
Viele Menschen denken, dass sie nicht kreativ genug sind, um zu gestalten. Doch gute Gestaltung basiert nur zu einem kleinen Teil auf kreativer Begabung. Wichtiger sind Sensibilität und Wissen. Doch Wissen ist erlernbar und vor allem überall vorhanden.
Wissen ist die Basis – für (fast) alles
Und Wissen macht einfach Spaß. Einen solchen Spaß hatten Schriftsetzer wohl schon in Zeiten des Bleisatzes, denn sie nutzten kuriose und auch derbe Worte innerhalb ihrer Zunft.
Der schöne Umgang mit Schriften, ihren Größen, Mischungen und Verhältnissen, der Aufbau einer Textseite bis hin zum schönen Buch wurde über viele Jahrhunderte durch die Schriftsetzer entwickelt und verfeinert.
Als gelernte Setzerin kenne ich viele Begriffe, die mal mehr, mal weniger immer noch in unserem Sprachgebrauch etabliert sind. Sie sind ein echter Schatz und ihre richtige Anwendung lässt deine Gestaltungen professionell und vor allem gut lesbar aussehen.
Die Mehrzahl der Beiträge veröffentliche ich in Zusammenarbeit mit InDesign-Expertin Heike Burch auf der Schweizer Plattform publishing.blog. So beleuchten wir nicht nur den grafischen, sondern auch den technischen Aspekt.
Wenn du Fragen zu Begrifflichkeiten hast, nur zu, frag uns!
Hurenkind
Das ungeliebte Anhängsel
Das Hurenkind ist ein Umbruchfehler und bezeichnet eine letzte Absatzzeile in einer neuen Spalte oder auf einer neuen Seite.
Deleatur
❌ jetzt löschen
Die Deleatur gehört zu den Korrekturzeichen und zeigt die Tilgung/das Löschen eines Buchstabens, Wortes, Absatzes oder ganzen Spalte an.
Anführung
Wörtliche Rede markieren
Die öffnenden und schließenden Anführungszeichen markieren eine wörtliche Rede, ein Zitat oder andere typografische Hervorhebungen.
Divis
Der kleine Strich dazwischen
Das Divis ist ein typografisches Interpunktionszeichen. Es wird als Auslassungsstrich, Trennungsstrich oder Ergänzungsstrich verwendet.
Toter Kolumnentitel
Durchgezählt
Der tote Kolumnentitel ist die fachsprachliche Bezeichnung für die Seitenzahl (auch: Pagina) zur Nummerierung der Seiten einer Publikation.
Der Versal
Am Anfang ein Gedicht
Der Versal ist die umgangssprachliche Bezeichnung für Majuskel, die wiederum einfach die lateinische Bezeichnung für Großbuchstabe ist.
Läusedärmchen
Teil eines Mitbewohners
Das Läusedärmchen ist eine Maßeinheit in der Größenordnung „etwas“.
Einzug
Orientierung in der Menge
Der Einzug hebt den Beginn eines Absatzes typografisch hervor, um die Lesbarkeit von langen Texten zu verbessern.
Satzarten
Eine Frage der Ausrichtung
Als Satzart bezeichnet man die links, rechts oder zentrierte Ausrichtung von Textzeilen im sogenannten Flatter‑, Rauh- oder Axialsatz.
Die Glyphe
Das große Aufgebot
Glyphen sind die spezifische Form oder Darstellung eines Zeichens innerhalb eines Fonts.
Ligatur
Oft schmerzlich vermisst
Ursprünglich ist die Ligatur eine aus dem Buchdruck stammende Verbindung von mehreren Zeichen zu einer Einheit auf einer Letter.
Zwiebelfisch
Er stinkt.
Der Zwiebelfisch ist ein falscher Buchstabe innerhalb eines Schriftsatzes. Er stammt noch aus dem Bleisatz, ist aber auch heute eine weit verbreitete Art.
Brotschrift
Mit Menge zum Brot
Die Brotschrift ist der typografische Fachausdruck für die Grundschrift im sogenannten Werksatz in den Schriftgraden zwischen 8 und 12 pt.
Fleisch
Das raumgreifende Nichts
Der Ausdruck Fleisch stammt aus dem Bleisatz und bezieht sich auf die nichtdruckenden Bereiche einer Drucktype.
Lebender Kolumnentitel
Unterstützende Informationen
Der lebende Kolumnentitel ist ein der Pagina beigefügter Text, der sich im traditionellen Buchsatz meist oberhalb des Satzspiegels befindet.
Die Kapitälchen
In Stein gemeißelt
Wenn in einem Schriftschnitt die Kleinbuchstaben die Form von kleineren Großbuchstaben haben, dann spricht man von Kapitälchen.
Kerning
Für kritische Kombinationen
Um Buchstabenkombinationen mit kritischen Abständen, z.B. bei viel Fleisch, optisch auszugleichen, wird im Schriftfont ein Kerning ausgeführt.
Der Schusterjunge
Eine bildungspolitische Maßnahme
Als Schusterjunge wird die erste Zeile eines Absatzes am Ende einer Spalte oder Seite bezeichnet. Er ist der kleine Bruder vom Hurenkind.
Der Umbruch
Die schöne Vereinigung
Der Umbruch ist ein Synonym und wird heute als Layout bezeichnet. Er ordnet alle Elemente einer Seite zu einem großen Ganzen.
Der Apostroph
Auf der Höhe
Der Apostroph ist ein Auslassungszeichen. Er sieht immer wie ein hochgestelltes Komma aus und lässt sehr unterschiedliche Anwendungen zu.
Marginalie
Wenn die Notiz bereits am Rand steht
Die Marginalie ist eine Randnotiz außerhalb des Satzspiegels – meist für stichwortartige Hinweise und Begriffserklärungen oder Bilder mit Textbezug.
Initial
Eine typografische Zierde
Initialen sind ein typografisches Stilmittel im Werksatz, um Kapitel, Kolumnen und Absätzen zu strukturieren oder ein Werk zu schmücken.
Typografie
Von der Buchdruckerkunst zur gestalterischen Disziplin
Typografie ist die Kunst, Druckschriften zu gestalten. Typografie ist die Kunst, mit Druckschrift zu gestalten.
Schöndruck
Das Schöne und sein Wider
Als Schöndruck wird die bedruckte Vorderseite eines beidseitig bedruckten Druckbogens genannt. Der Begriff stammt ursprünglich aus dem früheren Werkdruck.
Kolumne
Mehrdeutig
Für die Schriftsetzer ist es die Satzseite. Für den Redakteur einer Publikation ist es eher ein kurzer Artikel. Im Publishing handelt es sich jedoch um den Satzspiegel.
Spatium
Ordnung und Strutur
Ein Buchstabenabstandshalter (Zwischenraum), der zum Spreizen oder Sperren zum Zwecke der Textauszeichnung genutzt wird.
Der Punkt
Typografisches Maßsystem
Die kleinste Einheit der klassischen Typografie ist der Punkt. Er gehört in das Maßsystem, das 1775 von Diderot durchgesetzt wurde.
Der Durchschuss
Kein Fall für Miss Marple
Als Durchschuss wird in der Typografie der Zwischenraum zwischen zwei Textzeilen bezeichnet.
Der Steg
Unsichtbarer Halt
Der Steg markiert die nichtdruckenden Außenränder eines Layouts.
Stehsatz
Der Stehsatz ist ein Begriff aus dem physischen Bleisatz. Es handelt sich um Textpassagen zur Wiederverwendung.
Grammatur
Mit der Grammatur wird das Flächengewicht unterschiedlicher Papiere, insbesondere auch innerhalb einer Papiersorte, vergleichbar.
Klischee
Der Begriff Klischee leitet sich vom französischen cliché ab und bedeutet Abklatsch (Abzug). Heute hat er sich als Synonym für Denkschablonen etabliert.
Titelei
Bei der Titelei handelt es sich um die Seiten am Anfang eines Buches: Schmutztitel, Frontispiz, Haupttitel, Impressum, Widmung/Zitat, Inhaltsverzeichnis und diverse Vakatseiten.
Vorsatz
Als Vorsatz bezeichnet man ein strapazierfähiges, häufig farbiges bzw. bedrucktes Papier, das den Buchdeckel mit dem Buchblock verbindet.
Gemeine
Die Gemeine ist die umgangssprachliche Bezeichnung für Kleinbuchstaben, genauer gesagt Minuskeln.
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