#43 Umbruch
Von lesefreundlicher Textgestaltung und Umbrüchen
Als ich das Wort „Umbruch“ in meine Browser-Suche eingab, wurden mir als allererstes 170 und mehr Zitate zum Thema Veränderung angeboten. Und ja, auch ich war geneigt im Intro zu dieser Episode über meine derzeitigen Veränderungsideen zu sprechen.
Doch dann musste ich schmunzeln, denn wenn ich mir das Wort „Um-bruch“ typografisch vorstelle, dann sehe ich zwei Silben. Die erste „Um“ gefolgt von „Bruch“. „Bruch“ stelle ich mir abgewinkelt zu „um“ vor. Abgeknickt sozusagen. Egal ob nach oben oder unten. Umbrüche sind sichtbare Brüche. Sowohl im Leben als auch in der Typografie.
Und deshalb spreche ich heute in dieser Episode über die Regeln beim typografischen Umbruch und erinnere nebenbei an einen ausgestorbenen Beruf.
Hallo und herzlich willkommen bei Snackable – häppchenweise Grafiktipps. Mein Name ist Jana Schlosser und ich bin Grafikdesignerin und gestaltende Beraterin.
Der Umbruch im Grafikdesign
ist ein Synonym für das heutige Layout. Er bezeichnet die Anordnung aller druckenden Elemente zu einer Seite und zwar entsprechend dem entwickelten Satzspiegel. Dazu gehören Texte, Legenden, Grafiken, Bilder etc.
Umbruch bedeutet Ordnung.
Dabei kann es sich um ein Buch, eine Zeitung, ein Prospekt oder aber auch um eine Website handeln.
Berücksichtigt sollten sowohl ästhetische und themenbezogene, als auch orthografische und typografische Regeln, denn es geht immer um eine sinngemäße und gleichzeitig optisch ausgewogene Ordnung. Lesbarkeit hat die oberste Priorität. Wenn der Inhalt gelesen werden soll, möglichst bis zum Schluss, so muss er lesbar gestaltet sein. Der Umbruch soll das Auge des Betrachters förmlich mitnehmen. Gut lesbare Texte zeichnen sich auch durch einen ausgewogenen optischen Grauwert und die Berücksichtigung semantischer Aspekte aus.
Beim Umbruch in der Typografie handelt es sich um:
- den Zeilenumbruch des gesamten Textes,
- den Umbruch in Überschriften und Titeln,
- sowie den Spalten- und Seitenumbruch.
Umbruchregeln
Neben orthografischen Regeln entwickelten sich über die Jahrhunderte des physischen Schriftsatzes auch ästhetische Regeln. Die wichtigsten stelle ich hier kurz vor:
- keine Silbentrennung in Überschriften und Titeln
- Überschriften sollten wenigstens drei nachfolgende Zeilen am unteren Ende einer Seite haben, ansonsten auf der nächsten Seite beginnen
- keine Silbentrennung im letzten Wort vor dem Seitenwechsel
- mehr als vier Silbentrennungen hintereinander gelten als unschön
- die letzte Zeile eines Absatzes darf nicht am Anfang einer neuen Seite/Kolumne stehen (das ist das Hurenkind/die Witwe)
- die erste Zeile des Absatzes darf nicht am Ende einer Seite/Kolumne stehen (das ist der Schusterjunge)
- generell sollte weder Abkürzungen, noch Zahlen, Währungen, Postleitzahlen, Hausnummern etc getrennt werden, z.B. 50 Euro, 13. April oder 10115 Berlin
- Vor- und Zunamen oder auch Eigennamen sollten nicht getrennt werden, dazu zählen auch Titel, wie z.B. Dr., Prof. etc.
- bei Hervorhebungen, wie z.B. Versalsatz, gelten Umbrüche als unschön
Typografie und Umbruch auf Websites
Umbrüche in digitalen Medien, z.B. bei Websites, sind technisch gesehen immer noch sehr schwierig. Da der Inhalt einer Website sich in seiner Form und Größe responsive generiert, d.h. an die technischen Bedingungen anpasst, hat man nur wenig Einfluss auf das typografische Endergebnis. Schriften werden eher abenteuerlich umbrochen, Spaltenbreiten sind nur bedingt anpassbar und Headlines merkwürdig und sinnentstellend getrennt. Wichtiger Tipp für deine Website: Texte IMMER auf Flattersatz stellen. Denn im Blocksatz entstehen bei schmalen Spalten oft riesiger Löcher bei Wortzwischenräumen.
Fazit: ein ästhetisch anspruchsvoller oder gar fehlerfreier Umbruch ist bislang ausschließlich bei Druckerzeugnissen möglich.
Wenn du das nächste Mal an einem Text arbeitest, egal ob in einem Word-Dokument, einem Newsletter oder auf deiner Website, dann schau genauer hin:
Wo kommen im Text und in den Überschriften Umbrüche vor? Kannst du sie bewusst gestalten?
Quizfrage: Wer oder was ist ein Metteur?
In Zeiten des physischen Bleisatzes gab es für den Umbruch einen eigenständigen Beruf, denn oft arbeiteten an einem Werk mehrere Schriftsetzer gleichzeitig. Der von ihnen erstellte Satz musste zu einer Seite und die Seiten zu einem Buch zusammen gebaut werden. Diese Tätigkeit erledigte der Metteur (andere Bezeichnungen sind: Fertigmacher, Zurichter, Umbrecher, Seitenformer).
Der moderne Metteur ist sozusagen heute der Layouter.
Hast du Fragen?
Übrigens schreibe ich auf meiner Website einen Blog. Hier veröffentliche ich in wöchentlichen Beiträgen auch das Wissen der Schriftsetzer. Das sind Tipps zum Thema Typografie und gute Gestaltung. Schau einfach hier: https://janaschlosser.de/wissen-der-schriftsetzer
Den Umbruch habe ich auch dort bereits beschrieben.
Spoiler für die nächste Episode
Eine Kundin von mir wies mich neulich darauf hin, dass die Entwicklung eines Designs für sie (es ging um ein Podcast-Cover) außerordentlich spannend verlief: iterativ. Ich solle doch mal den Designprozess genauer erklären. Genau das werde ich in der nächsten Episode tun.
Bis dahin, sei neugierig,
deine Jana
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