Wie ist es, wenn es schön ist?

10 Prin­zi­pi­en schö­ner Gestal­tung, 25. Juni 2025, von Jana Schlosser

Jana Schlosser – 10 Prinzipien schöner Gestaltung

»Schönheit wird die Welt retten«, sagte der russische Schriftsteller Fjodor Michailowitsch Dostojewski bereits vor 100 Jahren. Doch warum ausgerechnet Schönheit?

Schön­heit ist das Quan­tum Mensch­lich­keit, das unser Leben deut­lich zum Guten beein­flusst. Schön­heit selbst ist bereits Funk­ti­on. Sie beein­flusst nicht nur, wie wir uns füh­len, son­dern sie ver­än­dert auch, wie wir uns ver­hal­ten. Sie ist als ästhe­ti­sche Qua­li­tät inte­gra­ler Aspekt von Brauch­bar­keit. Und letzt­lich wird am liebs­ten benutzt, was ein­fach gefällt. Viel­leicht ist das Stre­ben nach dem Schö­nen über­haupt der Motor, der uns Men­schen auf dem Weg der Ent­wick­lung hält? Denn war­um ent­wi­ckeln wir etwas wei­ter – sei es ein Gegen­stand, ein Raum oder eine Funktion?

Die Basis aller mei­ner Gestal­tun­gen ist Schön­heit. Schön­heit ist mehr, als das Auge erfas­sen kann. Sie folgt erstaun­lich all­ge­mein gül­ti­gen Regeln und ist doch sub­jek­tiv und uner­klär­lich. Um mei­ne Arbeit auf eine nach­voll­zieh­ba­re Basis zustel­len, habe ich 10 Prin­zi­pi­en der Schön­heit iden­ti­fi­ziert. Ähn­lich wie die Prin­zi­pi­en guter Gestal­tung, die der Desi­gner Die­ter Rahms bereits in den 70er Jah­ren ent­wi­ckel­te, die­nen sie als Leit­plan­ken, denn Schön­heit wahr­zu­neh­men ist eine Fähig­keit, die uns Men­schen von jeder ande­ren Spe­zi­es unterscheidet.

1 einladend

Schön­heit öff­net Räu­me. Sie schafft Schwel­len, an denen Men­schen sich begeg­nen, wohl­füh­len, blei­ben wollen.

2 zeitlos

Schön­heit kennt kein Ver­falls­da­tum. Ob zier­li­che Karaf­fe aus dem Barock oder klar kon­tu­rier­te Vase im Bau­haus­stil, was schön ist und funk­tio­niert, benut­zen wir ein­fach ger­ne, sogar noch nach Jahrhunderten.

3 wirksam

Schön­heit wirkt. Sie beein­flusst das Füh­len und ver­än­dert sogar das Ver­hal­ten, denn Men­schen beneh­men sich an schö­nen Orten nach­weis­lich acht­sa­mer, freund­li­cher und sozialer.

4 wahr

Schön­heit ist Wahr­heit. Sie ent­steht aus Reso­nanz zwi­schen Den­ken, Füh­len und Wir­kung. Und was wahr­haft schön ist, zieht an, was zu ihm passt.

5 brauchbar

Schön­heit liegt auch im Tun. Was funk­tio­niert, fühlt sich stim­mig an. Schön­heit und Funk­ti­on sind kein Wider­spruch, son­dern ein Zusammenspiel. 

6 innovativ

Ent­wick­lung geschieht in Bewe­gung, hin zu mehr Sinn, mehr Form, mehr Schön­heit. So ent­ste­hen Din­ge, die berüh­ren und bleiben.

7 ehrlich

Schön­heit ist ehr­lich. Sie zeigt sich dort, wo wir mit uns und dem, was wir gestal­ten, im Ein­klang sind – nicht per­fekt, aber echt.

8 verantwortlich

Schön­heit hat Wir­kung und trägt damit Ver­ant­wor­tung. Was wir gestal­ten, gestal­tet zurück. Des­halb soll­te Schön­heit nicht ver­füh­ren, son­dern statt­des­sen ver­bin­den, klä­ren und ermutigen.

9 konsequent

Schön­heit ist stim­mig bis ins Detail. Sie folgt einer inne­ren Logik, die Klar­heit schafft und das Poten­zi­al trägt, Din­ge posi­tiv zu verändern.

10 einzigartig

In der Natur ist Schön­heit ein­fach da. Das indi­vi­du­el­le Emp­fin­den von Schön­heit ist wie ein Fin­ger­ab­druck und darf auch genau so sein: einzigartig.

Betrach­te ich die­se Prin­zi­pi­en, wird klar, dass Schön­heit nicht objek­tiv ist. Sie ist viel mehr als Ästhe­tik, Emp­fin­dung, Inno­va­ti­on oder Zeit­lo­sig­keit. Sie gehört zu unse­rer Iden­ti­tät als Indi­vi­du­um und braucht Auf­merk­sam­keit und die Akzep­tanz unse­res So-​seins. Sie ist auch das Quänt­chen Unbe­schreib­li­ches, Uner­klär­ba­res, das Gefühl von Stim­mig­keit, das uns zu Men­schen macht.

Schön­heit reprä­sen­tiert die indi­vi­du­el­le Emp­fin­dung jedes ein­zel­nen Men­schen. Die­se haben Wün­sche und kul­tu­rel­le Prä­gun­gen und las­sen sich in kei­ne Schub­la­de ste­cken. Des­halb wer­den die Prin­zi­pi­en guter Gestal­tung für jeden Ein­zel­nen eine indi­vi­du­el­le und ein­zig­ar­ti­ge Bedeu­tung haben.

Zurück zu Dostojewski

Schö­nes führt zu mehr Ver­ant­wor­tung, inne­rer Zufrie­den­heit und Acht­sam­keit. Das, was schön ist, macht uns Men­schen fried­li­cher. Des­halb sage ich: Schön­heit ist Frieden.

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